Hans Scholl schrieb ein halbes Jahr vor seinem Tod die Worte, die mich immer wieder neu berühren und die an Aktualität nichts verloren haben, im Gegenteil:
"Eine Biene lebt auch, ohne dass sie die Dichter aller Jahrhunderte besungen hätten. Die Welt würde nicht vergehen, wenn die Dichter tot wären. Und der Wind würde dennoch sein Lied singen. Aber was ist eine Biene, was ist der Wind, wenn der Mensch nicht sieht und lauscht. Wenn das Auge des Menschen nicht emporblickt zu den Kronen der Bäume, wenn sein Geist nicht hinauffliegt zu den Wolken, wenn sein Liebe nicht bis zur Sonne reicht. Der Geist ist gefährdet, nicht der Name der Dichter. Und ist der Geist gefährdet, so ist die menschliche Existenz umsonst. Es genügt nicht, dass man sein Handwerk recht und schlecht ausübt. Es ist unsinnig und führt zu Abwegen, wenn man seine Pflicht tut. Der Mensch ist zum Denken geboren, sagt Pascal, zum Denken, mein verehrter Akademiker, dieses Wort mache ich dir zum Vorwurf, du wunderst dich, Vertreter des Geistes! (...) Deine Seele verdorrt, weil du den Ruf nicht hören wolltest. Du denkst nach über die letzte Verfeinerung eines Maschinengewehrs, aber die primitivste Frage hast du schon in deiner Jugend unterdrückt. Die Frage: warum? und wohin?"
Aus: Hans Scholl und Sophie Scholl, Briefe und Aufzeichnungen, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M.
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